Die Sommer- und Ferienzeit hat eindrücklich bewiesen, dass das Corona-Virus keine Ferien und keine Pause kennt. Und ein neues Urteil des Arbeitsgerichts (ArbG) Osnabrück zeigt: Auch ein Verstoß gegen die Corona-Regeln außerhalb des Betriebs kann Beschäftigte den Arbeitsplatz kosten.
Im entschiedenen Fall hatte sich ein Arbeitnehmer zuhause mit fünf Kumpels fotografiert, als sie in enger Runde auf dem Boden saßen und zusammen Karten spielten. Außerdem hatte er noch die Bilderunterschrift „Quarantäne bei mir“ zusammen mit einem Tränen lachenden Smiley hinzugefügt. Das Ganze postete er via WhatsApp.
Dumm nur: Zu diesem Zeitpunkt galten umfangreiche Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung des Corona-Virus, unter anderem das Versammlungsverbot von mehr als zwei Personen.
Als sein Arbeitgeber das Foto sah, war diesem ganz und gar nicht zum Lachen zumute. Ganz im Gegenteil. Und sprach eine fristlose Kündigung aus. Er hatte erst kurz zuvor noch eine Betriebsversammlung zu Covid-19-Sicherheitsbestimmungen abgehalten, um seine 25 Mitarbeiter vor einer Infektion zu schützen.
Vergleich beendet das Arbeitsverhältnis
Der Arbeitnehmer klagte gegen die Kündigung. Das Ganze sei doch nur ein Scherz gewesen. Doch der Arbeitgeber hielt an seiner Kündigung fest. Vor Gericht wurde ein Vergleich geschlossen. Arbeitsverhältnis beendet, Abfindung (2.000 Euro) bekommen (Vergleich vom 8.7.2020, Az: 2 Ca 143/20).
Hätte die Kündigung ansonsten Bestand gehabt?
Kommt ein wenig auf den Richter oder die Richterin an. Es gäbe aus juristischer Sicht gute Gründe dafür. Schließlich gefährdet ein Arbeitnehmer, der sich an keine Schutzregeln hält, nicht nur seine eigene Gesundheit. Er gefährdet auch die seiner Kolleginnen und Kollegen – und damit im schlimmsten Fall sogar die Existenz des Betriebs, in dem er arbeitet. Aber:
Eine Kündigung als schärfstes Mittel darf nur dann gewählt werden, wenn alle anderen Optionen – wie etwa eine Abmahnung – ausgeschöpft sind. Im vorliegenden Fall hätte der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer zur Vorlage eines ärztlichen Attests auffordern können. Solange dies nicht vorliegt, könnte er ihn – gegebenenfalls auch unbezahlt – von der Arbeit freistellen.
Praxis-Tipp
Wie sich eine Kollegin oder ein Kollege in der Freizeit verhält, ist erst einmal seine oder ihre Sache. Selbst Straftaten in der Freizeit eines Beschäftigten bleiben arbeitsrechtlich ohne Konsequenz. Ein außerdienstliches Verhalten hat nämlich nur dann Folgen, wenn es auf das Arbeitsverhältnis ausstrahlt oder wenn ein Bezug zum Arbeitnehmer hergestellt wird. Doch im Fall aus Osnabrück handelt es sich um einen Grenzfall, den Sie für eine Information an Ihre Kolleginnen und Kollegen nutzen können. Ein zur Schau gestellter Bruch mit den Sicherheitsregeln kann so oder so Konsequenzen haben.
An die Solidarität appellieren
Wenn sich eine Ihrer Kolleginnen oder ein Kollege in einem Risikogebiet aufhält, muss sie oder er von staatlicher Seite aus einen Corona-Test bei der Rückkehr machen. Hierüber muss der Arbeitgeber informiert werden.
Aber nicht wegen des Tests, sondern deshalb, weil Betroffene solange in Kurzzeit-Quarantäne bleiben müssen, bis das Ergebnis vorliegt. Betroffene kehren also voraussichtlich später als geplant an den Arbeitsplatz zurück.
Wichtig: Während dieser „Wartezeit“ muss Ihr Arbeitgeber den Lohn weiterzahlen (§ 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), da Ihre Kollegin oder Ihr Kollege die Arbeitsverhinderung nicht verschuldet hat. Wer den Pflichttest nicht macht, muss in Quarantäne. Wer dann nicht arbeiten kann, riskiert eine Abmahnung. Alternative: Homeoffice. Sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber darüber.
Wer sich nicht an die im Betrieb geltenden Hygiene- und Schutzvorschriften hält, riskiert die eigene Gesundheit, die der Familie und die der Kolleginnen und Kollegen. Es gibt also gute Gründe für einen flammenden Appell an die Beschäftigten – verbunden mit dem Hinweis, dass ein Verstoß gegen die Corona-Vorschriften – egal, ob im Betrieb oder außerhalb – im ungünstigsten Fall dann doch den Arbeitsplatz kosten kann. Und die Gesundheit!