Eine Arbeitnehmerin arbeitete vor dem Tod ihres Ehemannes in Vollzeit als Gesundheits- und Krankenpflegehelferin. Da sie die gemeinsame Tochter, vier Jahre alt, nun allein betreuen musste, reduzierte sie die Arbeitszeit auf 36 Stunden/Woche. An den Wochenenden brauchte sie nicht zu arbeiten, da ihr eine Betreuungsmöglichkeit für die kleine Tochter fehlte. Zudem ist die Arbeitnehmerin physisch stark angeschlagen. Dann kam es zu einem Wechsel auf dem Chefposten – und die Probleme fingen an.
Einen Wochenenddienst hatte die Arbeitnehmerin wahrgenommen. Die Betreuung der kleinen Tochter hatte damals die Großmutter übernommen. Doch dann plante der Arbeitgeber die Mitarbeiterin erneut für eine Wochenendschicht ein. Diesmal hatte die Arbeitnehmerin keine Betreuungsmöglichkeit. Die ohnehin stark psychisch belastete Frau musste sich für dieses Wochenende krank melden.
Der Arbeitgeber zeigte weiter kein Entgegenkommen. Schon einen Monat später teilte er die Arbeitnehmerin wieder zu einer Wochenendschicht ein. Auch hier fehlte es der Arbeitnehmerin aber an einer Betreuungsmöglichkeit für das Kind. Diesmal zog die Arbeitnehmerin vor das Arbeitsgericht, um zweierlei zu bewirken:
- Kein Wochenenddienst an diesem Wochenende, für das sie eingeteilt worden war.
- Grundsätzlich keine Wochenenddienste mehr.
Teilerfolg vor dem Arbeitsgericht
Vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Halle, Urteil vom 18.5.2022 (Az: 6 Ga 9/22) hatte die Arbeitnehmerin mit ihrem Antrag auf eine einstweilige Verfügung teilweise Erfolg. Der Wochenenddienst wurde gerichtlich abgeblasen.
Für die Klage „Grundsätzlich kein Wochenenddienst“ konnte und durfte das Arbeitsgericht aber keine einstweilige Entscheidung treffen, da die Klärung dieser Frage ausschließlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist.
Wichtig ist hier aber, warum das Gericht dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben hat:
- Die regelmäßige Arbeitszeit darf der Arbeitgeber laut dem für den Arbeitgeber geltenden Tarifvertrag auf fünf oder sechs Tage pro Woche verteilen.
- Damit ist auch Arbeit z. B. an einem Sonntag, einem Samstag, Rufbereitschaft etc. zulässig.
- Bei Teilzeitbeschäftigten ist dies jedoch nur aufgrund arbeitsvertraglicher Regelungen oder mit deren Zustimmung zulässig. Diese Zustimmung hat die Arbeitnehmerin nicht erteilt.
- Infolgedessen darf sie der Arbeitgeber nicht für Sonn- und Feiertagsarbeit einteilen.
- Was die Samstage betrifft, muss er zudem auf die Belange der Arbeitnehmerin Rücksicht nehmen. Aufgrund der speziellen Situation hat er „verstärkte Fürsorgepflichten“.
- Selbst wenn die Arbeitnehmerin doch zu Wochenendschichten eingeteilt werden dürfte, müsse der Arbeitgeber vor jeder Schicht neu prüfen, ob die Arbeitnehmerin eine Betreuungsmöglichkeit für das Kind hat oder nicht.
Ein bemerkenswertes Urteil
Wie schofelig das Verhalten des Arbeitgebers ist, brauche ich hier nicht zu betonen. Doch das Gericht weist in seinem Urteil ausdrücklich auf § 6 Grundgesetz (GG) hin. Demnach kann der Arbeitgeber (je nach Ausgang des Hauptsacheverfahrens sogar verpflichtet sein, die Arbeitnehmerin überhaupt nicht zu Wochenendschichten und -terminen einzuteilen, weil hier der Schutz des Kindes im Vordergrund steht.
Was die Entscheidung für ähnliche Fälle bedeutet
Jedenfalls muss seine Entscheidung stets nach dem Grundsatz des billigen Ermessens erfolgen. Also sachlich nachvollziehbar begründet sein und keine unzumutbare Benachteiligung für die andere Vertragspartei darstellt (§ 106 Gewerbeordnung (GewO)).
Und weiter heißt es im Urteil: Ein Arbeitgeber muss also „bei der Ausübung des Direktionsrechts die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers ausreichend berücksichtigen“.