Das Homeoffice ist für viele Beschäftigte inzwischen ein zentraler Bestandteil ihrer Arbeitswelt geworden. Doch nicht selten versuchen Arbeitgeber, einmal eingeführte Homeoffice-Regelungen rückgängig zu machen oder stark einzuschränken. Als Betriebsrat können und sollten Sie hier aktiv werden, um die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen. Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln bietet Ihnen dabei starke Argumentationsgrundlagen (jetzt veröffentlichtes Urteil vom 11.7.2024, Az: 6 Sa 579/23).
Das LAG Köln hat entschieden, dass der Widerruf einer Homeoffice-Erlaubnis durch den Arbeitgeber am Grundsatz des billigen Ermessens zu messen ist. Konkret ging es um einen Arbeitnehmer, dessen Arbeitgeber den bisherigen Betriebsstandort schloss und ihm einen neuen Standort 500 Kilometer entfernt zuwies. Obwohl sich der Inhalt der geschuldeten Arbeit nicht änderte, sollte der Arbeitnehmer nun ausschließlich vor Ort arbeiten. Aber warum?
Genau das konnte der Arbeitgeber nicht schlüssig beantworten – weshalb das Gericht die Weisung des Arbeitgebers für „unbillig“, also für nicht gerechtfertigt hielt. Es fehlte an einem sachlichen Grund für den Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis.
Was wären erlaubte Gründe zum Widerruf?
1. Betriebliche Erfordernisse
- Veränderungen in der Arbeitsorganisation, die eine Präsenz vor Ort zwingend erforderlich machen (z. B. Teamarbeit, neue Maschinen oder Technologien, die nur vor Ort genutzt werden können)
- Kundenanforderungen, die eine persönliche Anwesenheit des Mitarbeiters erfordern (z. B. Beratungsgespräche oder Vor-Ort-Betreuung)
2. Verstöße gegen die Homeoffice-Regeln
- Wiederholte Missachtung von Arbeitszeitvorgaben im Homeoffice
- Datenschutzverstöße, etwa unsachgemäßer Umgang mit sensiblen Daten
3. Technische oder sicherheitsrelevante Gründe
- Der Arbeitgeber kann die notwendige IT-Sicherheit für das Homeoffice nicht mehr gewährleisten (z. B. bei Cyberangriffen oder Sicherheitslücken)
- Technische Ausrüstung, die für die Arbeit erforderlich ist, steht nur im Betrieb zur Verfügung
4. Führung und Kontrolle
- Wenn sich herausstellt, dass die Führung oder Kontrolle der Arbeitsleistung im Homeoffice nicht möglich ist (z. B. weil Aufgaben nicht erfüllt oder Deadlines nicht eingehalten werden)
5. Veränderung der vertraglichen Grundlagen
- Wenn sich die vereinbarten Arbeitsbedingungen durch Umstrukturierungen oder betriebliche Neuausrichtungen ändern.
Doch so oder so: Wenn Ihr Arbeitgeber Homeoffice-Regeln für eine Vielzahl von Beschäftigten erlassen oder widerrufen will, kommt er nicht an Ihnen vorbei. Sie haben zahlreiche Rechte:
1. Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG nutzen
Seit Juni 2021 gilt: Sie haben bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit ein ausdrückliches Mitbestimmungsrecht. Darunter fällt auch die Festlegung von Regelungen zum Homeoffice.
2. Klarheit über bestehende Regelungen schaffen
Gibt es Regelungen in einem für Ihren Arbeitgeber geltenden Tarifvertrag? An diese ist er ohne Wenn und Aber gebunden! Gibt es bereits eine Betriebsvereinbarung zum Thema? Diese kann er nicht einseitig ändern.
3. Einzelfälle prüfen
Sollte Ihr Arbeitgeber versuchen, Homeoffice für einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu widerrufen (z. B. auch deshalb, weil Ihre Betriebsvereinbarung eine entsprechende Möglichkeit vorsieht), fordern Sie eine Begründung ein. Nutzen Sie das Urteil des LAG Köln als Argumentationshilfe: Eine solche Entscheidung muss verhältnismäßig und sachlich gerechtfertigt sein.
Und nicht zuletzt: Prüfen Sie Ihre Betriebsvereinbarung, ob Sie entsprechende Regelungen zum Widerruf enthält. Hier ein Vorschlag für eine Betriebsvereinbarung, die alle wesentlichen Aspekte abdeckt: