Der Bundestag hat im Dezember 2022 das neue „Hinweisgeber-Schutzgesetz“ (HinSchG) verabschiedet. Der Bundesrat hat es am 10.2.2023 zwar vorerst abgelehnt – dennoch wird es kommen. Gestritten wird um eine Passage, die den öffentlichen Dienst betrifft. Unstrittig ist der Rest, der unmittelbar Sie als Betriebsrat betrifft. Spätestens im Mai wird das Gesetz in Kraft treten. Es drängt also!
Ziel des Gesetzes ist ein umfassender Schutz von „Hinweisgeberinnen“ und „Hinweisgebern“. Whistleblower sollen gesetzlich geschützt werden. Dazu sieht das Gesetz folgende Maßnahmen vor: Beschäftigt Ihr Arbeitgeber mindestens 50 Beschäftigte, muss er ein sicheres internes Hinweisgebersystem installieren und betreiben. Beschäftigt er nicht mehr als 249 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat er hierfür bis zum 17.12.2023 Zeit.
Beschäftigt Ihr Arbeitgeber 250 Beschäftigte und mehr, hat er keine Übergangsfrist. Er muss die Umsetzung am Tag des Inkrafttretens des Gesetzes sicherstellen.
„Sicheres internes System“ heißt: Whistleblowerinnen und Whistleblower, müssen die Möglichkeit erhalten, Hinweise mündlich, schriftlich oder auf Wunsch auch persönlich abzugeben.
2 wichtige Fristen
- Wurde ein interner Hinweis abgegeben, muss die interne Meldestelle dies dem Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen bestätigen.
- Binnen drei Monaten muss die Meldestelle den Whistleblower oder die Whistleblowerin über die ergriffenen Maßnahmen informieren, beispielsweise über die Einleitung interner Compliance-Untersuchungen oder die Weiterleitung einer Meldung an eine zuständige Behörde, etwa eine Strafverfolgungsbehörde.
Internes System ist nicht die einzige Anlaufstelle
Neben der internen Stelle gibt es eine zweite, gleichwertige Möglichkeit zur Abgabe von Hinweisen. Nämlich bei der neu eingerichteten Meldestelle beim Bundesamt für Justiz. Daneben haben auch die Bundesländer die Möglichkeit, eigene Meldestellen einzurichten. Auch diese gelten dann als gleichwertige Anlaufstellen.
Whistleblowerinnen und Whistleblower haben die Wahl
Wohin die Meldung erstattet wird, das können sich die Hinweisgeberinnen und -geber selbst aussuchen. Sie können auch nicht per Betriebsvereinbarung verpflichtet werden, sich immer erst an die interne Stelle zu wenden. Dies stände im Gegensatz zur gesetzlichen Regelung und ist damit unwirksam.
Auch anonyme Meldungen sind möglich
Die Whistleblowerin oder der Whistleblower kann die Meldung bzw. „den Hinweis“ auch anonym geben. Auch diesen Meldungen muss ohne Wenn und Aber nachgegangen werden. Sie sind gleichwertig mit nicht anonymen Meldungen zu behandeln.
Es gilt die Beweislastumkehr
Wer einen Hinweis oder Tipp gibt, darf nicht benachteiligt werden. Hier sieht das Gesetz eine Beweislastumkehr vor. Behauptet ein Hinweisgeber, dass er aufgrund seines Hinweises später zum Beispiel bei einer Beförderung übergangen wurde, gilt diese Behauptung erst einmal als richtig. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, das Gegenteil zu beweisen.
So bestimmen Sie mit
Die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben begründet an sich noch kein Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), Einleitungssatz). Allerdings bestimmen Sie bei der Einführung eines internen Hinweisgebersystems nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mit, wenn Ihr Arbeitgeber bei Einrichtung einer Meldestelle über die Vorgaben des Gesetzes hinausgeht und mit der Einrichtung des Meldesystems ein standardisiertes Meldeverfahren verbunden ist. Nehmen Sie deshalb jetzt so rasch wie möglich Kontakt mit ihm auf, um über seine Pläne zu sprechen!
Wichtig: Nach § 80 Abs. 2 BetrVG haben Sie einen Anspruch auf Unterrichtung vor der geplanten Einrichtung eines Hinweisgebersystems.
Ihr Arbeitgeber hat einen weiten Spielraum
Das Hinweisgeberschutzgesetz lässt Ihrem Arbeitgeber einen weitgehenden Spielraum in Bezug auf die konkrete Ausgestaltung des Hinweisgebersystems. So kann Ihr Arbeitgeber z. B. die Wahl der bearbeitenden internen oder externen Stelle sowie die Form einer Meldung und deren weitere Bearbeitung näher bestimmen. Hier bestimmen Sie dann natürlich mit!
Auch der konkrete Umgang mit einer Meldung – soweit das HinSchG hierzu nicht bereits verpflichtende Vorgaben enthält – wird Gegenstand einer ergänzenden Regelung sein. Viele Arbeitgeber wollen die wesentlichen Bestimmungen zur Ausgestaltung des internen Hinweisgebersystems in einer für alle Beschäftigten geltenden Hinweisgeberschutz-Policy vorgeben. Auch hier bestimmen Sie mit.