Ein Arbeitnehmer war über mehrere Jahre lang immer wieder häufig für ein bis zwei Wochen krankgeschrieben. Zuletzt kamen 100 Fehltage pro Jahr zusammen. Den Krankschreibungen lagen unterschiedliche Erkrankungen zugrunde. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis – und ging mit der Kündigung baden (Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1.9.2021, Az: 7 Sa 248/209).
Der Arbeitnehmer hatte zu jeder der Erkrankungen eine plausible Erklärung (Arbeitsunfall, auskurierte Infektion, Geschwulst auf der Hand, die entfernt worden war usw.). Damit war für das Gericht klar: Es besteht keine „Wiederholungsgefahr“, sprich: der Arbeitgeber konnte keine negative Gesundheitsprognose als eine der Voraussetzungen für eine Kündigung bei häufigen kurzfristigen Erkrankungen ins Feld führen. Er muss den Arbeitnehmer weiter beschäftigen. Zur Definition:
Häufige Kurzerkrankungen liegen vor, wenn ein Beschäftigter immer wieder kurzzeitig erkrankt, ohne dass die Ausfallzeitpunkte im Voraus berechenbar wären. Für eine Kündigung ist es – neben der negativen Gesundheitsprognose – nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) erforderlich, dass über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren in jedem Jahr Entgeltfortzahlung für mehr als sechs Wochen zu leisten waren (20.1.2000, Az: 2 AZR 378/99).
Und auch dieses Urteil ist wichtig: Fehlt eine Arbeitnehmerin voraussichtlich 15 bis 20 Prozent der jährlichen Arbeitstage, darf ihr Arbeitgeber zwar von einer solchen negativen Prognose ausgehen (BAG, Urteil vom 20.11.2014, Az: 2 AZR 755/13). Aber: Ausgeheilte Leiden, einmalige Unfälle ohne verbleibende Schäden und sonstige offenkundige einmalige Gesundheitsbeeinträchtigungen darf Ihr Arbeitgeber für eine negative Zukunftsprognose nicht heranziehen.
Bei einer personenbedingten Kündigung liegen die Kündigungsgründe in der Person Ihres Kollegen oder Ihrer Kollegin. Vor allem persönliche Eigenschaften wie eine Krankheit und fehlende Fähigkeiten oder Qualifikationen sind es, die letztlich zur Kündigung führen. Doch Krankheit an sich ist kein noch kein Kündigungsgrund. Dazu müssen stets die nachfolgenden drei Voraussetzungen vorliegen (BAG, Urteil vom 20.1.2000, Az: 2 AZR 378/99).
Diese 3 Stufen muss Ihnen Ihr Arbeitgeber im Rahmen der Anhörung darlegen:
1. Stufe: Negative Zukunftsprognose
Ihr Arbeitgeber muss davon ausgehen können, dass in Zukunft mit weiteren Erkrankungen des Arbeitnehmers zu rechnen ist, wie etwa bei chronischen Erkrankungen. Liegt keine negative Gesundheitsprognose vor, scheitert die krankheitsbedingte Kündigung bereits. Sie verweigern Ihre Zustimmung und empfehlen Ihrem Kollegen im Fall der Kündigung eine Kündigungsschutzklage.
2. Stufe: Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen
Zusätzlich zur negativen Gesundheitsprognose muss Ihr Arbeitgeber darlegen können, dass durch die krankheitsbedingte Abwesenheit des Mitarbeiters die betrieblichen Interessen nachhaltig beeinträchtigt werden. Dies ist der Fall bei Störungen im Arbeitsablauf oder bei wirtschaftlichen Belastungen.