Headsets sind eine praktische Sache für Kolleginnen und Kollegen, die viel telefonieren müssen. Auch bei der innerbetrieblichen Kommunikation können Headsets hilfreich sein – auch wenn ich es persönlich ein wenig lästig finde. Doch genau um das Thema Headset dreht sich eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 16.7.2024, Az: 1 ABR 16/23. Sie betrifft die Frage: Wie weit bestimmen Sie mit?
Im entschiedenen Fall hatte ein Arbeitgeber entschieden, dass seine Beschäftigten zur innerbetrieblichen Kommunikation Headsets tragen müssen. Der Betriebsrat fühlte sich umgangen. Er war der Meinung, dass es sich bei solchen Headsets um eine technische Überwachungseinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) handelt. Schließlich könne man (theoretisch) hierüber den Standort der Beschäftigten ermitteln, die Nutzungszeiten, wann das Gerät ein- und ausgeschaltet wurde usw.
Keine Mitbestimmung
Schon die Vorinstanz entschied: Ein Headset, das nur der innerbetrieblichen Kommunikation dient, stellt keine technische Überwachungseinrichtung im Sinne von 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dar (Sächsisches Landesarbeitsgericht (LAG), Urteil vom 21.10.2022, Az: 4 TaBV 9/22).
Die Entscheidungsgründe: Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bestimmen Sie als Betriebsrat bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen mit. Und zwar immer dann, wenn es damit möglich ist, das Verhalten oder die Leistung Ihrer Kolleginnen und Kollegen zu überwachen. Die gefestigte Rechtsprechung des BAG besagt:
„Zur Überwachung bestimmt“ sind technische Einrichtungen, wenn sie objektiv geeignet sind, Verhaltens- oder Leistungsinformationen über den Arbeitnehmer zu erheben und aufzuzeichnen. Auf die subjektive Überwachungsabsicht des Arbeitgebers kommt es nicht an (so zum Beispiel BAG, Urteil vom 11.12.2018, Az: 1 ABR 13/17 und zuletzt mit Beschluss vom 8.3.2022, Az: 1 ABR 20/21).
Genau das aber sieht das Gericht hier nicht. Eine Leistungskontrolle sei durch die Sprachübertragung des Headsets objektiv nicht möglich. Objektive Leistungsdaten der Arbeitnehmer würden durch die Teilnahme an der betrieblichen Kommunikation nicht gewonnen. Das Arbeitsergebnis der beteiligten Arbeitnehmer würde nicht beeinflusst.
Praxis-Tipp
Strittig ist das Thema „Überwachung möglich oder nicht“ oft bei neuer Computersoftware oder – aktuell – bei KI-Anwendungen. Hier gilt: Die Anschaffung neuer Software, die (theoretisch) eine Überwachung möglich macht ist mitbestimmungspflichtig. Dass der Rechner vorher ohne Software nicht der Mitbestimmung unterlag, spielt keine Rolle. Erst die entsprechende Software ermöglicht die Nutzung einer EDV-Anlage zu einem bestimmten Zweck (BAG, Beschluss vom 26.7.1994, Az: 1 ABR 6/94).
Das gilt weiterhin mit Blick auf KI
KI ist auch weiterhin nicht im Katalog des § 87 Abs. 1 BetrVG aufgeführt. Allerdings kann ein Mitbestimmungsrecht durch KI immer ausgelöst werden, wenn eine KI-Einrichtung potenziell geeignet ist, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Danach müssen Sie dann als Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmen.
Sobald durch KI-Systeme Gefahren für die physische oder psychische Gesundheit Ihrer Kolleginnen und Kollegen drohen, greift auch § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Bei den entsprechenden Gefährdungsbeurteilungen müssen folgende Fragen eindeutig geklärt werden:
- Welche Folgen haben KI-Systeme für die Gesundheit?
- Wie belastend ist es, wenn ein Computer zum Chef wird?
- Nimmt das Arbeitstempo zu?
Sie sehen: Bei diesem Thema sind Sie als Betriebsrat definitiv nicht außen vor.