Wenn Ihrem Arbeitgeber für eine Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer ein Lohnpfändungsbeschluss ins Haus flattert, beginnt das große Rechnen: Was darf gepfändet werden? Welche Lohnbestandteile sind „unantastbar“? Wie viel muss der oder dem Betroffenen mindestens übrigbleiben? Hier kommt ein neues Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Niedersachsen vom 25.11.2021 ins Spiel.
Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber seinen Beschäftigten die sogenannte Corona-Prämie bezahlt. Hintergrund: Seit 1.1.2020 bis spätestens 31.3.2022 können Arbeitgeber ihren Beschäftigten maximal 1.500 Euro an Corona-Unterstützung zukommen lassen. Der Betrag kann in einer Summe ausbezahlt werden – oder in mehreren Tranchen. Die 1.500 Euro dürfen nicht überschritten werden. Jedem Beschäftigten steht der Corona-Bonus nur einmal zu.
Es handelt sich hierbei aber, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Eine Verpflichtung für ihn, den Corona-Bonus zu zahlen, gibt es nicht.
Wenn Ihr Arbeitgeber diesen Bonus aber zahlt, stellt sich für Kolleginnen und Kollegen, deren Gehalt einer Lohnpfändung unterliegt, die Frage: Darf die Corona-Prämie gepfändet werden – oder nicht? Das LAG Niedersachsen sagt: Nein, die Prämie ist unpfändbar. Sie hat eine klare Zweckbestimmung. Damit ist sie für die Gläubiger unantastbar.
Unpfändbar ist aktuell zudem ein Grundbetrag von 1.259,99 Euro. Hat die oder der Betroffene Unterhaltspflichten zu erfüllen, erhöht sich der Betrag für jede Person, für die er unterhaltspflichtig ist.
Festgelegt ist das Ganze in der offiziellen Pfändungstabelle (Download: https://kurzelinks.de/z0ae).
Vorsicht Falle!
Bei der Lohnpfändung gehen manche Arbeitgeber zu weit, indem sie auch Lohnbestandteile berücksichtigen, die per se unpfändbar sind, also beim zu pfändenden Einkommen bis „runter“ zur Pfändungsfreigrenze außen vor bleiben müssen. Prüfen Sie ggf. gemeinsam mit Ihrer betroffenen Kollegin oder Ihrem betroffenen Kollegen, ob Ihr Arbeitgeber dies berücksichtigt hat.
Diese Gehaltsbestandsteile sind nach § 850a Zivilprozessordnung (ZPO) unpfändbar:
- die Hälfte des Entgelts für Mehrarbeitsstunden
- das Urlaubsgeld, Sonderzahlung aus besonderen Anlässen und Treuegelder etc. (soweit üblich),
- Aufwandsentschädigungen, Auslösungen, Gefahren- und Schmutzzulagen etc.,
- Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit
- das Weihnachtsgeld bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens 500 Euro
- Beihilfen für Heirat und Geburt
- Erziehungsgelder, Studienbeihilfen etc.
- Sterbe- und Gnadengelder aus Arbeits- und Dienstverhältnissen und Blindenzulagen
- Entgeltumwandlung (Hat Ihr Arbeitgeber mit einem Mitarbeiter vertraglich vereinbart, dass ein Teil seines Arbeitsentgelts für die Altersversorgung verwendet wird, ist die umgewandelte Vergütung der Pfändung entzogen)
- Tage- und Übernachtungsgelder in einer Höhe, wie sie die Lohnsteuer-Richtlinien als steuerfreie Pauschalbeträge anerkennen
- vermögenswirksame Leistungen
- Berufsunfähigkeitsrente, vom Arbeitgeber gezahlt (Gläubiger kann aber Vollstreckungsschutz aufheben lassen)
- Corona-Prämie (LAG Niedersachsen, Urteil vom 25.11.2021, Az: 6 Sa 216/21)
Und nicht vergessen: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 23.8.2017 entschieden: Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sowie Erschwerniszulagen sind grundsätzlich „im Rahmen des Üblichen“ unpfändbar (Az: 10 AZR 859/17). Im Rahmen des Üblichen bedeutet für Zuschläge: