Corona hat einen Schub beim Thema „Homeoffice“ gebracht. Im August 2022 lag der Anteil der Beschäftigten, die zumindest teilweise von zu Hause oder woanders als vom Betrieb aus arbeiten, laut einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts bei 24,5 Prozent. Das sind nur 0,4 Prozentpunkte weniger als bei der letzten Erhebung im April. Zum Herbst und Winter hin wird sich diese Zahl – nicht zuletzt auch mit Blick auf Corona – wohl wieder erhöhen. Mit einer unerwarteten „Nebenwirkung“:
Zahlreiche Unternehmen und öffentliche Institutionen reduzieren ihre Büroangebote. Prominente Beispiele sind die Kfw und die Deutsche Bahn. Doch auch unzählige mittelständische Betriebe überdenken aktuell ihre Raumplanungen. Die Idee dahinter:
Wenn Beschäftigte auch von zu Hause aus arbeiten dürfen, ist es nicht mehr nötig, ihnen einen eigenen Arbeitsplatz im Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Bei entsprechendem Dienstplan lassen sich Schreib- und Arbeitsplätze ja auch teilen. Und im kommenden Winter lassen sich damit auch Heizkosten auf die Beschäftigten verlagern, wenn die Dienstpläne so gestaltet werden, dass ganze Bereiche oder Abteilungen tageweise überhaupt nicht vor Ort mit Beschäftigten besetzt sind. Wenn also aus dem vermeintlichen Desk-Sharing ein „Bleibt mal schön zu Hause und wir sparen die Heizkosten“ wird.
Sharing Economy als Taktgeber
Die „Sharing Economy“ erfreut sich derzeit grundsätzlich großer Beliebtheit. Nicht nur auf Arbeitgeberseite. Autos werden „geshart“, Musik wird nicht mehr gekauft, sondern bei Bedarf gestreamt, bei Filmen und Serien verhält es sich ebenso. Warum kaufen, wenn man das Ganze leihen oder eben nur bei Bedarf nutzen kann? Das Desk-Sharing steht also nur in einer langen Reihe von Entwicklungen. Hier teilen sich mehrere Kolleginnen und Kollegen einen Arbeitsplatz. Das heißt:
Es wird den betroffenen Kolleginnen und Kollegen kein eigener, fester Arbeitsplatz mehr zugewiesen. Die Beschäftigten suchen sich stattdessen erst zu Beginn eines jeden Arbeitstages einen freien Schreibtisch. Damit das Ganze funktioniert, muss jeder nach dem Ende seiner Arbeitszeit den Platz wieder aufräumen und seine Sachen mitnehmen.
Die Vorteile für den Arbeitgeber liegen auf der Hand
Mittels Desk-Sharing lassen sich Raumkapazitäten effizienter nutzen und damit Büroraum sowie Hardware sparen. Typische Leerstände der Büros, wie z. B. durch Urlaub oder Erkrankungen werden vermieden oder reduziert. Das bedeutet unter dem Strich eine gewaltige Kostenersparnis.
Ihre Rolle als Betriebsrat
Betroffen sind zahlreiche Ihrer Mitbestimmungsrechte. So unter anderem
- § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG: Ordnung des Betriebs (z. B. zu den Nutzungs- und Anmelderegelungen)
- § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG: Arbeitszeiten (diese ändern sich ja in der Regel durch Desk-Sharing)
- § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG: Einrichtung technischer Überwachungseinrichtungen
- § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG: Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes
- § 91 BetrVG: Änderung von Arbeitsplätzen
- § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG: Betriebsänderungen (durch bauliche Veränderungen)
- § 111 Satz 3 Nr. 5 BetrVG: Einführung neuer Arbeitsmethoden
Trotzdem können Sie Desk-Sharing aber nicht verhindern, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf bereits am 9.2.2018 entschieden hat (Az: 3 TaBVGa 6/17). Nach Einschätzung des Gerichts können Arbeitgeber die Grundsatzentscheidung für ein Desk-Sharing mitbestimmungsfrei treffen. Denn hier ginge es um den konkreten Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung. Und dieser Bereich zählt zum mitbestimmungsfreien Arbeitsverhalten.
Nun fehlt zum einen höchstrichterliche Rechtsprechung. Zum anderen haben Sie als Betriebsrat immer noch genügend Rechte, um bei der Ausgestaltung des Desk-Sharing ein gewichtiges Wörtchen mitreden zu können.
Wie diese Vereinbarung aussehen könnte, zeigt Ihnen unser Muster.