In den letzten Jahren wurde von vielen Arbeitgebern die Möglichkeit, Arbeitsverhältnisse nur befristet abschließen zu können, regelrecht ausgenutzt. Vor allem der öffentliche Dienst zeigt sich als besonders unrühmliches Beispiel. Doch auch zahlreiche Großbetriebe nutzen die Möglichkeit der Befristung heute noch aus. Umso erfreulicher, dass die Arbeitsgerichte immer genauer hinschauen, wenn Missbrauchsfälle bei ihnen landen. Die aktuellen Beispiele aus den Gerichtssälen:
4 Jahre sind 4 Jahre – und nicht ein Tag mehr
§ 14 Abs. 2a Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) erlaubt es neu gegründeten Unternehmen, die an sich auf zwei Jahre maximal mögliche sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses auf vier Jahre auszudehnen. Wörtlich heißt es dort: „In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig!“
Nun hat das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin-Brandenburg entschieden: Die Regelung des § 14 Abs. 2a TzBfG gestattet einem Arbeitgeber aber nicht die sachgrundlose Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags, wenn die letzte Verlängerung nach Ablauf des 4-Jahres-Zeitraums (gerechnet ab der Gründung des Unternehmens) erfolgt. Eine klare Ansage (Urteil vom 15.1.2020, Az: 29 Ca 9162/19).
Vorsicht Missbrauch!
Es hat schon Arbeitgeber gegeben, die Abteilungen oder Bereiche ausgeründet haben, um dann mit dem neu gegründeten Unternehmen die Möglichkeit der vierjährigen sachgrundlosen Befristung zu nutzen. Betroffene Kolleginnen und Kollegen sollten unbedingt wissen: Das ist ein Missbrauch, ein solches Konstrukt schließt das Gesetz ausdrücklich aus! Betroffene, die Entfristungsklage erheben, werden zwangsläufig gewinnen. Entfristungsklage heißt: Der Beschäftigte klagt auf Feststellung, dass die letzte Befristung rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam war. Wichtig: Wurde ein befristetes Arbeitsverhältnis mehrfach verlängert, prüft das Gericht immer nur die letzte Befristung auf Rechtsmäßigkeit.
Projektbefristung ja – aber dann wirklich auch nur projektbezogen!
Eine Projektbefristung ist nur dann zulässig, wenn es sich bei den zu erledigenden Aufgaben um auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgaben handelt, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits im vergangenen Jahr entschieden (BAG-Urteil vom 23.1.2019, Az: 7 AZR 243/17).
Befristung wegen Mehrarbeit: Arbeitgeber muss Umfang der Mehrarbeit beweisen
Wenn zusätzliche Arbeit nur für eine gewisse Zeit anfällt, haben Arbeitgeber ein Interesse daran, Mitarbeiter nur befristet einzustellen. Das dürfen sie, müssen aber in der Lage sein, im Falle einer Entfristungsklage die zusätzlich anfallenden Arbeitsstunden so vorzurechnen, dass dies mit der Befristung zusammenpasst. So das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln, mit Urteil vom 25.2.2019, Az: 2 Sa 516/18. Sie sehen: Gerichte schauen bei Entfristungsklagen sehr genau hin. Tun Sie es auch! Schließlich gilt:
Über die Personalplanung muss Sie Ihr Arbeitgeber umfassend unterrichten, § 92 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Doch damit nicht genug. Denn hinsichtlich der befristeten Arbeitsverhältnisse muss er Sie gemäß § 20 TzBfG zusätzlich informieren über
- die Anzahl der befristet beschäftigten Arbeitnehmer,
- den Anteil der befristet beschäftigten Arbeitnehmer an der Gesamtbelegschaft des Betriebs,
- den Anteil der befristet beschäftigten Arbeitnehmer an der Gesamtbelegschaft des Unternehmens.
Und nicht zu vergessen: Bei befristeten Einstellungen haben Sie Mitbestimmungsrechte wie bei jeder anderen Einstellung auch. Das heißt: Beschäftigt Ihr Arbeitgeber im Unternehmen in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Mitarbeiter, muss er vor jeder Einstellung Ihre Zustimmung einholen. Und: Will er einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag innerhalb der 2-Jahres-Laufzeit verlängern, braucht er dafür wieder Ihre Zustimmung!
So helfen Sie, wenn eine Kollegin oder ein Kollege die Wirksamkeit einer Befristung anfechten will
Viele befristete Verträge werden fehlerhaft abgeschlossen. Folge dessen ist häufig, dass die Parteien einen unbefristeten Vertrag eingehen. Für die Arbeitnehmer lohnt es sich deshalb durchaus, eine Befristungsabrede auf ihre Wirksamkeit hin zu prüfen bzw. prüfen zu lassen.
Achtung Termin!
Will eine Betroffene oder ein Betroffener eine Befristungsregelung anfechten, muss sie oder er spätestens innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Beendigungstermin eine entsprechende Klage beim Arbeitsgericht einreichen (§ 17 Satz 1 TzBfG). Machen Sie Betroffene darauf aufmerksam. Prüfen Sie vor allem, ob bei sachgrundlosen Befristungen tatsächlich keine Vorbeschäftigung vorlag. Hintergrund: Sachgrundlose Befristungen dürfen nur dann geschlossen werden, wenn die oder der Betroffene noch nie zuvor im Unternehmen beschäftigt war (§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG), oder wenn diese Beschäftigung sehr sehr lange (20 Jahre und mehr) zurückliegt und anders geartet war (BAG-Urteil vom 21.8.2019, Az: 7 AZR 452/17).